Alte Tonbänder wieder hörbar machen
Forscher machen alte Tonbänder wieder hörbar
Verfahren des Paul-Scherrer-Instituts ermöglicht Auslesen mit Röntgenstrahl
Sebastian Gliga vom Paul-Scherrer-Institut (PSI) arbeitet mit seinem Team an einem neuen Verfahren, das vom Verfall bedrohte oder teilweise zerstörte Magnetbänder mit historischen Tonaufnahmen ausliest und deren Inhalt digital zugänglich macht.
Magnete speichern Audiosignale
Magnetbänder speichern Infos in einer Schicht winziger magnetischer Teilchen - ähnlich kleiner Kompassnadeln, die entweder gen Norden oder Süden zeigen. Wird das Band bespielt, verändert sich deren magnetische Ausrichtung. Das Band wird magnetisiert und die Audio-Information ist nun im Ausrichtungsmuster physisch gespeichert. Um dieses Muster wieder abzuspielen, wird es an einem Lesekopf vorbei bewegt. Da sich das Magnetfeld durch die Ausrichtung der Kompassnadeln ständig ändert, wird im Lesekopf eine Spannung induziert und es entsteht ein elektrisches Signal. Dieses wird wiederum verstärkt und in ein akustisches Signal umgewandelt.
"Die Magnetisierungszustände dieser winzigen Teilchen, deren Größenordnung weniger als ein Zehntel des Durchmessers eines menschlichen Haares beträgt, lassen sich mit Röntgenlicht fast individuell auslesen und in ein hochwertiges Audiosignal umwandeln", so Gliga. Er nutzt die hochwertigen Strahlen der Synchrotron Lichtquelle Schweiz, die am PSI betrieben wird. Da sich mit dem scharf gebündelten Röntgenlicht fast jede einzelne magnetische Kompassnadel auf dem Tonband erfassen lässt, kann man damit eine sensationell hohe Auflösung erzielen. "Wir erreichen damit so etwas wie die bestmögliche Kopie", unterstreicht Gliga.
B.B. Kings Konzert wieder hörbar
Gliga entschlüsselt derzeit einen Konzertmitschnitt des legendären Blues-Gitarristen B.B. King. 1980 gab er sein zweites Konzert auf dem Montreux-Jazzfestival. Das 48-minütige Spektakel hat der Schweizer Toningenieur Philippe Zumbrunn auf Band festgehalten. Heute lassen sich nur noch zehn Sekunden dieses einmaligen Zeitzeugnisses abspielen. Das Band ist bereits so zerfallen, dass jede Wiedergabe in einem herkömmlichen Abspielgerät noch mehr Zerstörung anrichtet.
Die chemische Zusammensetzung des Tonbandes ist bereits so weit zerfallen, dass jede Wiedergabe in einem herkömmlichen Abspielgerät das Band nur noch weiter zerstören würde. Die Digitalisierung von Magnettonbändern ist ein Wettlauf gegen die Zeit, schrieb das PSI.
"Wir interessierten uns für die Aufnahme von B.B. King nicht nur wegen ihres musikalischen Inhalts, sondern auch wegen der Herausforderung, die der Zustand ihres Verfalls mit sich bringt.
Mit speziellem Röntgenlicht wollen Forschende am Paul-Scherrer-Institut (PSI) in Villingen alte Tonbänder retten. Als erstes soll ein Konzertmitschnitt des Blues-Gitarristen B. B. King am Montreux-Jazz-Festival 1980 mit der neuen Methode digitalisiert werden.
Der neue Ansatz der PSI-Forschenden nutzt die sogenannte Synchrotronstrahlung der Swiss Light Source (SLS). In der ringförmigen SLS-Anlage können geladene Teilchen wie Elektronen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden. Wenn diese Elektronen in einem solchen Ring abgelenkt werden, strahlen sie sogenannte Synchrotronstrahlung ab, die in verschiedenen Wellenlängenbereichen genutzt werden kann.
Die Röntgenstrahlen richten die Forschenden nun auf die Magnettonbänder. Auf diesen sind die Informationen in einer Schicht winziger magnetischer Teilchen gespeichert. Ähnlich wie kleine Kompassnadeln, die entweder gen Norden oder Süden zeigen, wie das PSI erklärte. Wird das Band bespielt, so verändert sich deren magnetische Ausrichtung. Die Audio-Information ist auf dem Tonband also als Ausrichtungsmuster gespeichert.
Mit dem Synchrotronlicht könne fast jede einzelne magnetische Kompassnadel auf dem Tonband gemessen werden. «Wir erreichen damit so etwas wie die bestmögliche Kopie», wurde Sebastian Gilga, Physiker am PSI, in der Mitteilung zitiert. Die Digitalisierung der B. B.-King-Aufnahme findet im Rahmen einer Zusammenarbeit des PSI mit dem Montreux Jazz Digital Project statt.
(sda/lyn)