Das Magnetophon wird vorgestellt
16. August 1935: Die Spannung ist groß, als AEG und BASF das erste serienmäßige
Tonbandgerät auf der Funkausstellung zeigen. Das Magnetophon K1 ist geeignet für
jedwede Aufnahme, ob Hochzeitsfeier, Polizeiverhör oder Radiosendung.
Die Bedienung ist leicht. Doch das K1 rauscht.
Eine typische Situation einst im analogen Hörfunkstudio: Der Sprecher ist verabschiedet,
die Tontechnikerin spielt dem Regisseur das Aufnahmeband vor. Darauf sagt der Sprecher:
"Das wäre doch gelach… Hahahaha!" und dann lacht er nochmal als Variante: „Hahaha“.
Das zweite Lachen – "Hahaha" – hinterher wäre gut. Aber er sagt vorher:
"Es wäre doch gelach".
Da fehlt ein "t"! Merkt keiner? Doch jeder: Das wäre doch gelach! Also sucht die Technikerin
ein anderes Wort, das der Sprecher mit "t" gesagt hat. Ja, "hat" zum Beispiel. Oder "macht".
Davon schneidet sie das "t" ab und klebt es mit Bandkleber, einer Art Tesafilm, ans "gelach".
Voilá: "Gelacht!"
Wär doch gelachT
Geschenkt - würden damals vor allem die Tontechnikerinnen sagen, die seit Mitte der 1930
Jahre tagaus tagein Bänder schneiden. Über Dekaden ist das ein Frauenberuf. Regisseure
und Toningenieure an den Mischpultreglern sind - dereinst wie selbstverständlich - Männer.
Die Bandkuchen auf den Bandtellern drehen die Damen. Versiert, virtuos, kein Bandsalat.
Die Besten schneiden schneller als ihr Schatten, heißt es.
Tonaufnahmen editieren, oder erstmal überhaupt aufnehmen…
Jahrzehntelang tüfteln Radio- und Technikpioniere in Europa und den USA an einem
praktikablen und wohlklingenden Tonträger.
An einer Alternative zur aufwendigen und störanfälligen Live-Sendung der 1920er und
frühen 1930er Jahre, für die das Orchester komplett anrücken muss oder nach der der
Chef den Ansager für jeden Versprecher rüffelt.
Auf Wachsplatten und Schellackplatten lassen sich Töne bald konservieren. Versingt sich
die Sängerin am Mikrofon – bleibt der falsche Ton. Nachbearbeiten ist nicht. Das könnte
mit Aufnahmen auf Stahlbändern oder magnetisierten Papierbändern funktionieren,
würden die beim Spulen nicht dauernd reißen.
Immens sind die Erwartungen, als die beiden deutschen Firmen AEG und BASF das
Magnetophon ankündigen. Das erste seriengefertigte Tonbandgerät.
Am 16. August 1935 präsentieren sie auf der Berliner Funkausstellung den Prototyp K1.
Zwei Spulen, drei Tasten, Drehregler, Zählwerk. In einem großen Koffer, ergänzt von
weiteren Koffern und Truhen, die Hilfsgeräte wie Verstärker und Lautsprecher enthalten.
Das K1 hat extra Motoren zum Vor- und Zurückspulen, so reißt das Band nicht.
Plakate am Messestand werben: Das K1 kann Geburtstagsfeiern festhalten, Hochzeiten,
Betriebsversammlungen, Polizeiverhöre aufzeichnen, politische Großveranstaltungen.
Das allgemeine Publikum ist begeistert, die Fachbesucher jubeln.
Das Magnetophon ist nicht mehr aufzuhalten. Mit einem speziellen Tonkopf und einem
Tonband aus Kunststoff hält es sich bis zur Digitalisierung. Zunächst jedoch hält das K1
nicht ganz, was es verspricht. Es rauscht wie ein Wasserfall.
Per Zufall entdeckt ein Angestellter der Berliner Reichsrundfunkgesellschaft durch einen
Schaltungsfehler die Hochfrequenzvormagnetisierung. Ein Verstärker fängt plötzlich an
zu schwingen, das reduziert die Rauscherei. Ab da ist allerdings auch klar hörbar, wenn
mal wo ein Buchstabe fehlt.
Aber das wäre doch gelach…, wenn sich auf dem ganzen Bandkuchen kein "t" fände,
das sich dranschneiden ließe – zum "Gelacht"…
©BR Autorin: Susi Weichselbaumers