TVM 2018
Ein alter Wettbewerb im neuen Gewand!
Was früher der traditionelle NWT für viele Tonband- und Videofreunde war, hat sich in diesem Jahr
zum TVM (Ton– Video – Multimedia) Wettbewerb weiterentwickelt.
Erstmals konnten neben drei offiziellen Juroren die Mitglieder die einzelnen Arbeiten via Internet
beurteilen und ihre Favoriten auswählen. Dank der großartigen Vorbereitung unseres Archivars
Erwin Spielvogel haben immerhin 24 Personen auf diesem Wege abgestimmt.
Auch ich war dieses Jahr als Juror berufen und will im Folgenden meine Eindrücke über die
Einreichungen hier kurz darstellen.
Audio:
In der Kategorie Hörspiele/Sketche gab es eine Einreichung von Ernst Schmid aus der Schweiz.
Auch Schweizer Tonbandfreunde waren eingeladen, sich am Wettbewerb zu beteiligen.
In gut gestalteten Reimen verglich er Geräusche einst und heute. Es begann mit dem Weckruf
eines Hahns, dem ein unromantisches Piepsen eines elektronischen Weckers entgegengestellt
wurde.
Der witzig gemachte Beitrag führte so durch den ganzen Alltag; am Ende aber stand das
Einschlafen vor dem Fernseher, da war das Schnarchgeräusch identisch mit dem Eindösen vor
lauter Müdigkeit nach einem anstrengenden Tag voll körperlicher Arbeit.
Trotz gemäßigtem „Schwyzerdütsch“ war alles gut verständlich, wenn auch die Geräusche teilweise
etwas zu vordergründig erschienen. Ein erfreulicher 2. Platz.
In der Kategorie Reportagen/Interviews waren zwei Werke zu beurteilen:
Der historische Leuchtturm Obereversand wurde von Ralf Mehlig in einem informativen Bericht
vorgestellt. Ein guter Mix zwischen Erklärungen und eingebauten O-Tönen, die die
Arbeitsbedingungen in früheren Zeiten sowie die damalige Kommunikation mit dem Festland
erklärten. Interessant zu erfahren, dass mit einer 25W-Glühbirne eine Sichtweite von ca. 10 km
erreicht wird. Ein fundierter Beitrag, bei dem die O-Tonaufnahmen etwas zu indirekt klangen. Der
Beitrag erreichte Platz 5.
Ein weiterer Beitrag von Ernst Schmid befasste sich mit der Pflege von Obstbäumen im seinem
Hausgarten. Ein Interview mit einem Baumwart gab dem Interessierten wertvolle Tipps über den
Schnitt von von Obstbäumen zur Ertragssteigerung und Pflege. Auch das Problem des Spritzens
von Schutzmitteln kam nicht zu kurz. Viel Information, die natürlich nicht alle Hörer betraf, auch
das kräftige Schwyzerdütsch machte hier für die meisten von uns das Verständnis sehr schwer. Die
kreativ unterlegten Geräusche aus der Natur waren auch hier zu laut zugemischt, sodass der
Beitrag nur den letzten Platz insgesamt belegen konnte.
In der Kategorien Geräusche der Natur gab es einen besonderen Leckerbissen zu erleben:
Von Roland Kurt aus der Schweiz die Symphonie der Fische, mit der er uns beweisen konnte, dass
Fische keinesfalls stumm sind! Seit vielen Jahren beschäftigt er sich als Autodidakt mit der
Erforschung von Lauten, die Süßwasserfische zur Kommunikation untereinander von sich geben.
Diese hat er mittels eines Hydrofons (Mikrofon für Aufnahmen unter Wasser) eingefangen. In einer
genauen Liste erklärt er auch die einzelnen Laute der zu hörenden Geräusche, die den Laien in
Staunen versetzen. Der Spitzenplatz im Wettbewerb war ihm sicher.
Im Bereich Eigentliche Musikaufnahmen gab es eine Reihe von Einsendungen aus Bayern, die
fast alle guten Anklang fanden, zumal sie mit ganz geringem technischem Aufwand erstellt waren.
Funky Noise war von einem Quartett (Bass, Drums, Sax, Klavier) dargeboten, klanglich gut
ausgewogen, lediglich der Bass wirkte mulmig, da er vermutlich über eine Verstärkeranlage spielte;
die Basisbreite hier war auch deutlich eingeschränkt, es klang fast mono.
Der Herz-Ober-Zwiefacher für 2 Geigen und einen Bass war sehr durchsichtig eingefangen,
allerdings schränkte ein dicker Verspieler den Genuss an der Aufnahme merklich ein.
Die Fischer-Polka für 2 Okarinas, Akkordeon und Baritongitarre war tadellos musiziert und auch im
Hinblick auf die Räumlichkeit mit 2 Mikros sehr gut abgebildet.
In weite Ferne versetzt wurden wir von einem Australien-Trio mit den Instrumenten Flöte,
Didgeridoo und Percussion. Die interessanten Klänge aus „Down under“ waren wiederum sehr
ausgewogen und räumlich gut eingefangen.
Diese vier Aufnahmen wurden von Willibald Kappl eingesandt, der damit eng beieinander liegende
Bewertungen im Mittelfeld erreichte.
Eine weitere Einreichung in dieser Kategorie war die Arbeit „Harmonica“ von Peter Hösel. Ein
einzelner Mundharmonika-Spieler (Dietmar H. Martin) spielte in einer sehr halligen Kirche das
Marienlied „Segne du Maria“, das durch die Akustik der Kirche sehr bombastisch wirkte.
Mir persönlich waren jedoch die Nebengeräusche durch das Anblasen der Töne zu heftig, ein etwas
größerer Abstand zum Mikro hätte hier gut getan. Es reichte hier ebenfalls für eine Platzierung im
Mittelfeld.
Die Kategorie Kreative Musikaufnahmen ist immer etwas Besonderes, da hier die Wertung der
Idee mehr Gewicht bekommt.
Ein bekanntes Lied machte den Anfang: Happy Birthday in einer von Kindern gerne gesungen
Variante; James Schäfer hatte zusammen mit seiner Tochter es im Multiplay-Verfahren
eingesungen, der vierstimmige Chorsatz stammt ebenfalls von ihm. Bei diesem Aufnahmeverfahren
werden die Stimmen nacheinander aufgenommen, jedoch im Gegensatz zu einer
Mehrspurproduktion wird die nächste Stimme immer sogleich mit der vorhergehenden gemischt,
sodass also hier 4 Durchgänge nötig waren. Die Schwierigkeit dabei liegt nun, dass man von vorn-
herein Lautstärkebalance und Verteilung auf der Basis festlegen muss, da dies im nächsten
Aufnahmeschritt ja nicht mehr korrigierbar ist. Auch musikalische Fehler sind nicht zu verbessern
im Nachhinein. Diese Einreichung war mit 0`17`` die kürzeste und erreichte den 6. Platz.
Es folgten zwei Beiträge mit weitgehend elektronisch erzeugter Musik: Johannes Echo-Star ist das
Werk von Florian König, zu welchem er durch das Erleben des nahen Todes eines Freundes
inspiriert wurde, der lange im Koma lag und noch einmal seine Augen öffnete und für spirituelle
Botschaften empfänglich war. Mehrschichtige Rhythmen überlagern die Rufe seiner Kinder und die
Anrufungen des Einsenders. Dieses mystische Erlebnis beeindruckte die Hörerschaft und führte
das Werk zu Platz 3 in der Gesamtwertung.
Aus der gleichen Familie stammte das Stück Be the change (v. Christian König), welches in Melodik
und Rhythmik der führenden Gitarrenstimme deutlich gefälliger daherkam. Die Botschaft: Nimm
dein Schicksal selber in die Hand auf dem Weg zu deinem Glück. Trotz dieser Zuversicht erreichte
das Stück „nur“ Platz 7.
Das Sonderthema in 2018 „Eisenbahn“ war bei Audio durch das Werk Bahngeräusche -
Sauschwänzlebahn von Ernst Schmid vertreten. Eine Montage von verschiedenen Geräuschen vom
Fahrbetrieb der bekannten Museumsbahn im Schwarzwald ergänzt um einige Interviewteile war ein
echter Ohrgenuss für alle Eisenbahnfreunde und „fuhr“ auf Platz 4.
Video/Multimedia
Der ersten Kategorie Reportagen/Interviews waren 3 Filme zugeordnet.
Rhododendronblüte in Westerstede von Reinhard Greul zeigte uns ein vielfarbiges Blütenmeer, die
Bildgestaltung wusste durch ruhige Überblendungen zu gefallen, allerdings wurde beim Dreh
weitgehend auf ein Stativ verzichtet, was die Ruhe der Einstellungen dann doch verhinderte.
Auch einige Schnittfehler störten das Gesamtbild, die unterlegte Musik war jedoch sehr passend
gewählt, der Kommentar dazu allerdings ohne großen Nutzwert an Informationen. Platz 10 als
Gesamtnote.
Eine weitere Arbeit von Reinhard Greul beschrieb uns seine Gartenwelt, in der eine Menge Figuren
und Statuen zu finden sind, denen er Dialoge untereinander „unterschob“, die das Werk kurzweilig
erscheinen ließen. Dieses Mal war ein Stativ im Einsatz, lediglich einige Schwenks und Zoomfahrten
waren etwas verunglückt. Die eingesetzte Musik auch hier wieder gut angepasst. Es reichte
immerhin für Platz 6.
Die jüngste Einsenderin, Tabea Vale (14 J.), ist große Tierfreundin und wollte mit dem Kurzfilm
Massentierhaltung gegen die schlechten Haltungsbedingen in Hühnerfarmen protestieren. Zwei
animierte Hähne krähten - wohl zum letzten Mal in ihrem Leben - und waren dann auf dem
Drehgrill zusammen mit etlichen Artgenossen zu sehen. Dazu den passenden Song „das Huhn“ .
Wollen wir hoffen, dass Tabea weiterhin Kreativität beim Filmen entwickelt und unter guten
Ratschlägen ihres Lehrmeisters Uli dieses Hobby weiter pflegt. Platz 7 sollte doch Mut dazu
machen!
Das Genre Dokumentationen wurde in 3 Beiträgen bei Video von Uli Behrend erfolgreich
bestimmt.
Zum einen als mutiger Reiter auf einem Elefanten im Camp, beobachtet dabei von Brigitte
Zimmermann. Eine nette Sequenz aus dem gemeinsamen Urlaub in Thailand, bei der auch die
artgerechte Haltung der Elefanten in diesem Camp deutlich wurde. Die Tiere hatten sichtlich
genauso Freude an den mit den Touristen getriebene Späße. Ein Film ohne große Kunst, ohne
Kommentar, ohne Musik, nur die Elefanten trompeteten freundlich dazu. Platz 9.
Zum anderen war Uli auch mit zwei eigenen Filmen vertreten:
Als Freund der Nahaufnahme zeigte er uns einen Sandkünstler bei der Arbeit. Ein Sandkrebs
kommt bei Ebbe am Strand aus seinem Versteck und durchforstet in Windeseile den feuchten Sand
nach essbaren Kleingetieren, indem er den Sand in den Mund nimmt und dabei auspresst; zurück
bleiben kleine Sandkügelchen, die er dann in einem bestimmten Muster wieder ablegt. Das Ganze
muss sehr schnell gehen, da bei Flut alles vorbei sein wird. Sehr beeindruckend mit der Kamera
festgehalten, tolle Makroaufnahmen des Krebses bei der Arbeit, und schließlich exakte Zeitraffer,
die das „Gesamtkunstwerk“ des Tieres in der Entstehung aufzeigen. Dazu ein sehr informativer
Kommentar, lediglich die stark komprimierte Musikunterlage nervte mich etwas. Platz 3 in der
Gesamtwertung war der Lohn.
Was sich zunächst als nicht ganz jugendfrei anhörte, zeigte sich jedoch als harmlos: In Sexy
Beinchen ließ sich Uli Behrend von einer kleinen Käferkolonie auf einer neu erworbenen
Geranienpflanze anregen, das Gewusel der Tierchen aufeinander mit einem Käferlied zu
unterlegen; eine einzige Einstellung reichte hierzu völlig aus. 45`` erbrachten Platz 8.
Multimedia:
Neben den Videofilmen erfreuen sich MM-Werke zunehmend großer Beliebtheit. In der Bewertung
werden sie in diesem Wettbewerb zusammen mit den Videos gleich behandelt. Als viel gereister
Tourist gab Reinhard Greul augenzwinkernde Tipps zur Planung einer Reise nach Paris. Etliche
gut gemachte Bildcollagen waren mit einer typischen Musette-Musik verbunden, die Kommentare
mit norddeutschem Humor erfüllt. Platz 9 wurde so erreicht.
Reinhard´s Bilderschau von einem Feuerwerk in Wilhelmshaven bestand aus vielen schönen Bildern
der Himmelsmalerei durch die Pyrotechniker, jedoch ließen die immer gleichen Überblendungen
das Ganze etwas eintönig wirken. Der Musikteppich wirkte zu brav, da fehlte das Feuer, welches
zu einem Feuerwerk gehört. Die eingebauten Gags am Himmel konnten das Abschneiden auf Platz
11 nicht verhindern.
Ein durchaus sehr ernstes Thema bewegte Uli Behrend bei der Gestaltung von seiner Arbeit
Kaufen, konsumieren, Konsequenz! Die Aufnahmen aus Asien zeigten uns eine unglaubliche
Vielzahl an völlig verrücktem Schuhwerk, einem Reiz, dem etliche Frauen – vor allem in Fernost –
nicht widerstehen können. Dem Zuschauer sollen vor allem die Verschwendung von mannigfaltigen
Ressourcen durch überflüssigen Konsum vor Augen geführt werden. Tolle Bilder, im Vorübergehen
vermutlich geschossen, unterlegt mit einem sehr treffenden Musiktitel wussten zu beeindrucken,
was am Ende zu Platz 2 führte.
Harald Paul war der Autor der Präsentation Gesichter Asiens. Darin führte er uns eindrucksvoll
Gesichter von Menschen aller Schichten und Altersklassen vor, die er im Rahmen von mehreren
Reisen nach Asien getroffen hatte. Daraus ließen sich viele Schicksale ablesen. Die plastischen
Aufnahmen zeigten die Personen durch die geringe Tiefenschärfe quasi vom Hintergrund völlig
losgelöst. Zusammen mit der treffenden Musikuntermalung und der auf sie im Rhythmus stimmig
angelegten Überblendungen wirkte alles wie eine Einheit. Ein verdienter Platz 1!
Vom selben Autor ein weiteres Werk als Mitbringsel aus den Urlaubsreisen: Stille Örtchen soll den
Mitmenschen die Suche im Ausland nach der Möglichkeit zur Erledigung gewisser Bedürfnisse
erleichtern. Für die Beschilderung solcher Örtlichkeiten haben sich die Verantwortlichen vor Ort
sicher viel Gedanken gemacht, es zeigt sich aber, dass die Suche dann doch viel
mehr Phantasie benötigt, um diese Schilder auch richtig zu interpretieren. Staunen darf man auch
über die Einfachheit, aber auch die Pracht solcher Orte der Muse. Am Ende sogar auch ein Hinweis
für Tonjäger zur Aufnahme entsprechender Geräusche. Platz 5 war der Lohn - ohne Scheiss!
Das Jahresthema Eisenbahn fand auch bei MM einen Interessenten:
Uli Behrend hatte in seinem Bildarchiv gekramt und Unter Dampf nochmals kräftig angefeuert.
Die teilweise in Schwarz/Weiß gemachten Aufnahmen lassen sicher das Herz jedes Eisenbahnfans
höher schlagen. Ich hätte mir bei etlichen Bildern gerne mal ein paar Animationen gewünscht, so
wirkte das Ganze doch sehr statisch, auch die unterlegten Geräusche waren eigentlich nur
rollendem Wagen, keine Lokomotiven zu hören! Auch hätten manche Bilder ruhig etwas länger
stehen bleiben dürfen, um sie auch genießen zu können. Schade eigentlich, aber trotzdem wurde
Platz 4 erreicht.
Wer nun auf den Geschmack gekommen ist, die Arbeiten sehen oder hören zu wollen:
Unser Archivar Erwin Spielvogel kann bestimmt weiterhelfen. Aber dazu an anderer Stelle vielleicht
mehr!
Werner Grabinger