IFA-Kult: Nostalgische Retro-Produkte und mehr auf der
Funkausstellung
In ihren fast 100 Jahren Bestehen hat die IFA zahlreiche Produkte
ins Blickfeld der Weltöffentlichkeit gerückt – darunter
zukunftsträchtige Technologien, verschrobene Misserfolge
und waschechte Kultmarken. Zeit, einen nostalgischen Blick
auf die Retroprodukte der IFA-Geschichte zu werfen!


2023 fand zum 62. Mal die IFA statt. Erneut präsentieren auf
der Technikmesse in Berlin zahlreiche Hersteller ihre neuesten
Produkte.
Auch wenn dieses Jahr „erst“ die 62. IFA stattfand: Insgesamt
kann man auf eine fast hundertjährige Geschichte zurückblicken.
Die erste Messe, damals unter dem Namen „Große
Deutsche Funkausstellung“, fand bereits 1924 statt. Eine längere
Pause während und nach dem Krieg sowie eine Phase, in
der die IFA auf einen zweijährigen Turnus umstellte, führten
zur aktuellen Zählung. Trotzdem gibt es die Messe in Berlin
fast ein vollständiges Jahrhundert – Grund genug, vor der
Präsentation etwaiger Neuheiten einmal innezuhalten und
einen Blick in die Vergangenheit auf alte, möglicherweise
längst vergessene IFA-Produkte und waschechte Kultmarken
zu wagen.
IFA 1963: Kassette

(Bild: Wikipedia / CC BY-SA 3.0)

Frühe Kassettenrekorder wie der Philips EL3302 ermöglichten nicht nur die Wiedergabe, sondern auch die Aufnahme von Kassetten.
Die IFA war schon 1963 eine der wichtigsten Messen für die Vorstellung von technischen Innovationen.

Doch nicht alle davon haben die Technikwelt so sehr verändert, wie die Musikkassette, die am Philips-Stand in Berlin
1963 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Am 28. August zeigte sich der erste Kassettenrekorder Philips EL 3300
der staunenden Weltöffentlichkeit – und wurde zur kleinen Sensation. Das batteriegetriebene Gerät konnte nicht nur Musik von kleinen
Tonbandkassetten abspielen, sondern dank eines Mikrofons auch aufnehmen. Lange vor MP3-Player, Streaming-Diensten 
und Bluetooth-Kopfhörern machten also tragbare Kassettenrekorder Musik mobil und erschwinglich.

VCR-Heimvideorecorder brachte Farbe per Kassette in die eigenen vier Wände.

Bild: Philips


Der VCR-Heimvideorecorder (Video Cassette Recording) wurde im Jahr 1971 von den Herstellern Philips und Grundig
auf der IFA präsentiert. Die Videokassetten konnten Farbvideos aufzeichnen und hatten zu Beginn Platz für gerade einmal
45 Minuten Bild und Ton, recht schnell stieg die Kapazität auf immerhin 65 Minuten an.
Ende der 70er kamen dann noch die Longplay-Kassetten mit Speicherplatz für bis zu Stunden Material dazu. Es folgten
SVR-Kassetten, die sage und schreibe fünf Stunden Content fassen konnten. VCR-Recorder verfügten schon damals über
zwei Tonkanäle, obwohl Stereo- oder Zweikanalton dem Fernsehen noch fremd waren. 1979 wurde das VCR-System
von den Herstellern mit der Video 2000-Technologie abgelöst.

Betamax

Bild: mariolo, Wikimedia Comons

Betamax war der Konkurrenz zu VHS: in Sachen Features, Kapazität und Bildqualität
überlegen, konnte sich auf dem Markt aber dennoch nie behaupten. Betamax ist eine
auf dem Magnetbandsystem basierende Video-Technologie des japanischen Herstellers Sony. Markt, in
In Japan und den USA kam das System bereits 1975 auf den, in Deutschland wurde es 1977 auf der IFA
präsentiert und ab 1978 verkauft.

Betamax gilt bis heute als das technisch hochwertigste Format seiner Zeit, konnte sich aber letztlich nicht gegen die
VHS behaupten. Dies wird in erster Linie dem unvorteilhaften Marketing zugesprochen, bietet Betamax doch eigentlich
so einige Features, die bei der Konkurrenz erst Jahre später hinzukamen.
So konnte man mit dem Betamax-System etwa schon im Jahr 1979 Positionen im Video markieren und gezielt ansteuern.
Stereoton, Rauschunterdrückung, Mehrfachtimer, Bildsuchlauf und aufwendige Zeitlupenfunktionen sind weitere
Features, die das Gerät etablierte.

Betamax gelang zwar nie der totale Durchbruch, konnte aufgrund seiner hochwertigen Bildqualität aber einige Technikfreunde
überzeugen, so dass Betamax-Kassetten sogar noch bis 2016 in der Produktion waren. Noch heute schwören einige
Liebhaber auf Betamax im eigenen Wohnzimmer.

VHS

Bild: ABC Promedia

Trotz qualitativer Nachteile konnte sich die VHS-Kassette auf dem Markt etablieren
und war über Jahre der Standard im Home-Video-Markt.
VHS (Video-Home-System) gab auf der IFA 1977 sein Debüt und bestimmte bis zum Aufstieg
der DVD den Home-Video-Markt. Obwohl die von dem japanischen Hersteller JVC entwickelte
VHS-Kassette technisch nicht das Maß aller Dinge war, setzte sie sich gegen
VCR, Betamax und Video 2000 durch. Einer der Vorteile war, dass die Funktionsweise der
Kassette kompaktere Abspielgeräte ermöglichte. Die Kapazität der Kassette bot zunächst
Platz für zwei Stunden Material, was kontinuierlich gesteigert wurde und 1987
in dem VHS-Nachfolger S-VHS mündete.
Kassettenrekorder wurden von kleineren Herstellern noch bis 2015 produziert,
VHS-Kassetten vereinzelt noch bis heute – auch wenn die DVD die veraltete Technik nach der
Jahrtausendwende Stück für Stück ersetzten und in Deutschland bereits im Jahr 2002
überholen konnte.

BTX

Bild: Michael Gruhl, Wikimedia Commons

Diese Telefon-BTX-Terminal-Kombination war eine Möglichkeit, die Vorstufe des heutigen
Internets zu nutzen.
Das Internet, wie wir es heute kennen, war 1977 noch in weiter Ferne. Die Deutsche Post jedoch
entwickelte schon damals den Bildschirmtext (BTX) – und damit eine Möglichkeit, über ein Modem am Fernseher
Teletext-ähnliche Internetseiten aufzurufen. Auf den Markt kam die 1977 auf der IFA präsentierte Technik auch erst Anfang
der 80er Jahre. In der Mitte des Jahrzehnts startete die Bundespost schließlich einen interaktiven Online-Dienst, für
den ein BTS-Modem nötig war. Aufgrund einer Übertragungsrate von gerade einmal 1200 Bits pro Sekunde musstendie Nutzer lange Ladezeiten
ertragen – trotz nicht vorhandener Grafiken – und der erwartete Erfolg stellte sich nicht ein.
Jedenfalls bis das BTX im Jahr 1995 mit dem T-Online-Angebot gekoppelt wurde und viele Menschen das Internet zu nutzen
begannen. Der BTX-Dienst wurde schließlich im Jahr 2001 abgeschaltet, in einer abgespeckten Variante zum Online-Banking jedoch noch bis 2007 genutzt.


Sony Walkman

Bild: Sony

Der Sony Walkman brachte uns etwas, was aus dem heutigen
Leben kaum noch wegzudenken ist: mobilen Musikgenuss.


Der Walkman ist wohl eins der traditionsreichsten IFA-Produkte.
1979 machte Sony es plötzlich möglich, unterwegs Musik
zu hören – eine Innovation, die aus der heutigen Gesellschaft
kaum noch wegzudenken ist. Inzwischen steht die
Marke Sony Walkman für MP3-Player.
Ursprünglich konnte man mit dem Walkman Kassetten und
unter dem Namen Discman später auch CDs hören.

Der kassettenbasierte Walkman war in kleinerem Rahmen trotzdem
noch lange gefragt, sodass Sony die Geräte bis 2010 produzierte.
Insgesamt verkaufte der Hersteller nach eigenen Angaben
circa 200 Millionen tragbare Kassettenspieler.

Pünktlich zum 40. Geburtstag könnte Sony auf der IFA 2019 ein
neues Walkman-Modell präsentieren.

Video 2000

Bild: Grundig, Ubcule, Wikimedia Commons

Video 2000 konnte zwar mit einer langen Abspieldauer glänzen, musste sich aber im
Sound-Bereich geschlagen geben.
Nach VHS und Betamax präsentierten die Hersteller Grundig und Philips auf der
IFA 1979 mit Video 2000 einen eigenen VCR-Nachfolger – und ein weiteres Format,
das um die Vorherrschaft auf dem Home-Video-Markt kämpfte.
Die Besonderheit von Video 2000 war, dass die Video-Kassetten
beidseitig bespielbar waren. Dies führte dazu, dass bereits
zu Beginn bis zu acht und später sogar bis zu 16 Stunden
Material auf ihnen Platz fanden. Der Nachteil lag allerdings
darin, dass man die Kassetten ab einer gewissen Laufzeit
umdrehen musste.
Zum Verhängnis wurde Video 2000 letzten Endes, dass die
beiden Mitbewerber Betamax und insbesondere die VHS bereits
zwei Jahre lang eine gewisse Marktmacht hatten aufbauen konnten.
Außerdem konnte die Technik klanglich nicht mit der Konkurrenz mithalten,
obendrein waren die ersten Abspielgeräte mit einigen Konstruktionsfehlern behaftet.
Diese Faktoren führten zu so geringem Erfolg, dass sich die Hersteller bereits 1984
dazu entschieden, die Produktion wieder einzustellen.

Laserdisc

Bild: PeKron, Wikimedia Commons

Die Laserdisc war im professionellen Bereich sehr beliebt.
Den Markt für Endverbraucher konnte sie dabei aber nie erobern.

Auf der IFA 1981 präsentierten einige Hersteller die sogenannte
Laserdisc – ein Speichermedium für Video-Dateien, das
wie eine CD oder DVD per Laser abgetastet wird. Anders als
bei den anderen beiden genannten Technologien wurde das
Material bei der Laserdisc allerdings nicht digital, sondern
analog aufgezeichnet.
Durchsetzen konnte sie sich derweil nicht wirklich. Ein großer
Nachteil der Laserdisc bestand darin, dass man zu Beginn
nur Video-Material mit einer Länge von bis zu 64 Minuten
speichern und dieses Limit erst später auf eine Spielfilmlänge
von 90 Minuten anheben konnte. Aufgrund der guten
Bild- und Tonqualität wurde die Laserdisc im professionellen
Bereich trotzdem intensiv genutzt.
Die Disc mit einem Durchmesser von 30 Zentimetern war
zudem das erste Medium, auf dem Zusatzmaterial wie Interviews
oder Trailer verfügbar waren und legte so den Grundstein
für den späteren DVD- und Blu-ray-Erfolg. Nachdem
der Erfolg auf dem Heimkinomarkt ausblieb, wurde die Laserdisc
um die Jahrtausendwende vollständig von der DVD verdrängt.

CD

Bild: Luis Fernández García, Wikimedia Commons

Die IFA 1981 bot die Bühne für die erstmalige Präsentation
eines der wichtigsten Speichermedien: der Compact Disc. 
Auch wenn es zu diesem Zeitpunkt vielleicht noch niemand
wahrnahm, die Compact Disc sollte den Musikmarkt revolutionieren.
Und wo wurde sie das erste Mal der Öffentlichkeit präsentiert?
Genau, auf der IFA 1981, auf der auch die Laserdisc ihr Debut gab. Der Rest
ist Geschichte, die CD trat ihren Siegeszug an. Software, Musik,
sogar Filme wurden fortan auf dem kleinen, silbernen
Medium getauscht, verkauft und abgespielt.
Die erste Serien-CD wurde dann ebenfalls in Deutschland
produziert, es sollte aber noch ein Jahr dauern, bis zum 17.
August 1982. Die Markteinführung folgte dann noch etwas
später, in Europa wurde ab 1983 auf die Compact Disc gesetzt.
Über vierzig Jahre ist das jetzt her und heute sind DVD, Blurays
oder auch Streaming wesentlich bedeutsamer. Das Ergebnis
der Kooperation von Philips und Sony, die das Format
gemeinsam entwickelten, war aber lange Zeit dominierend
und wird auch heute noch genutzt.

DAT

 

Bild: Rainer Freder, Wikimedia Commons

Die International Federation of the Phonographic Industry sorgte aus Angst
vor Produktpiraterie dafür, dass die DAT-Technologie sich nicht durchsetzen
konnte.
Der DAT-Recorder (Digital Audio Tape) wurde 1987 mit dem
Ziel auf der IFA präsentiert, die Audiokassette abzulösen.
Dies verhinderte jedoch die International Federation of Phonography.
Aus Angst vor hochwertigen Kopien und Produktpiraterie
zwang diese die Hersteller von DAT-Produkten zu
einem doppelten Kopierschutz.
Dies machte die Geräte nahezu dysfunktional, bis man sich
1989 auf einen neuen Kopierschutz einigte. Aufgrund der hohen
Preise und der Konkurrenz in Form der Minidisc hatte
das Digital Audio Tape auf dem Endverbrauchermarkt dennoch
Schwierigkeiten, während es im professionellen Bereich
recht erfolgreich war. Mit der Einführung der CD im
Jahr 1995 endete die Zeit des DATs.

 

MD

Bild: Kuha455405, Wikimedia Commons

In Deutschland spielte die Minidisc kaum eine Rolle, in Japan hingegen war sie ein großer
Erfolg.  1991 auf der IFA: Sony präsentiert die Minidisc – das Konkurrenzprodukt
zur Audiokassette.
Das magnetooptische Speichermedium nimmt Musik digital auf und spielt sie digital ab.
Aufgrund des geringen Durchmessers von 6,4 Zentimetern war die kleine Scheibe
einfach zu transportieren. Außerdem erlaubte dies Sony, die portablen Player in einer
praktischen Größe zu halten.
Mit dem Aufkommen des iPods und anderer MP3-Player gingen
die Verkaufszahlen dieser Portable Player stark zurück,
sodass Sony die Produktion im Jahr 2011 einstellte. Die Laufzeit
einer Minidisc lag bei 60 bis 80 Minuten und bei 320 Minuten
in der Longplay-Version. Während sie auf dem europäischen
Markt keine große Rolle spielte, bestimmte sie in Japan
gemeinsam mit der Compact Disc den Markt.

DAB


Das Pure Evoke-1XT kam 2005 auf den Markt, zehn Jahre nach der Einführung der
DAB-Technik auf der IFA. Es müssen nicht immer physische Produkte sein, die auf
der IFA vorgestellt werden, es können auch Standards sein.
UKW beherrschte lange Zeit die Radiolandschaft – bis zur IFA 1995.
Die 40. Messe in Berlin läutete den Startschuss von Digital Audio Broadcasting, kurz
DAB ein. An dem Format wurde schon lange getüftelt, im Zuge der IFA ging DAB
dann erstmals auf Sendung.
Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg und die Deutsche
Telekom gingen gemeinsam das erste DAB-Pilotprojekt an,
viele weitere sollten folgen. Radio wurde zu Digitalradio, der
klassische Übertragungsweg verlor immer weiter an Bedeutung.
Heute gibt es bereits den Nachfolger, DAB+, der teilweise
auch schon in der Kritik steht. Und längst hat auch das World
Wide Web übernommen, Internetradio heißt hier das Stichwort.

N64

Bild: IFA

Nintendo ließ sich erstmals 1997 auf der IFA blicken. Im Gepäck hatte
man dafür eine Neuheit, das legendäre N64.
Das japanische Unternehmen stellt erstmals auf der IFA aus – und
präsentiert direkt einen Knaller. Das N64 setzte, wie der
Name vermuten lässt, auf 64-Bit und zauberte echte 3D-Grafiken
auf die Bildschirme.
In Europa erschien die Konsole am 1. März desselben Jahres,
auf der IFA 1997 erhielt eine breite Masse die Möglichkeit,
selbst einmal den legendären Dreizack-Controller in die
Hand zu nehmen.
Der Rest ist Geschichte: Das Nintendo 64 verkaufte sich über
32 Millionen Mal und wurde international ein Hit. Und dass,
obwohl man weiterhin auf Module setzte, während man bei
der Konkurrenz von Sony schon die Vorteile der CD erkannt
hatte…

HD-DVD

 

Bild: Andreas Hornig, Wikimedia Commons Leon Schumacher / Thorben Tenbruck


Die HD-DVD konnte mit Microsoft, IBM oder Toshiba durchaus einflussreiche
Unterstützer vorweisen.
Dennoch gab man sich gegenüber der Blu-ray recht schnell geschlagen.

 

Leon Schumacher / Thorben Tenbruck